Wie sinnvoll ist eine „Low carb-Ernährung“ wirklich?

Da stellt sich die erste Frage:
Für welches Ziel?
• Gesunde Ernährung?
• Muskelaufbau?
• Fettabbau?

Für die ersten beiden Ziele ist eine „Low Carb“ Ernährung nicht notwendig bzw. nicht sinnvoll.
Unser Körper benötigt pro Tag ca. 100 – 140 g Kohlenhydrate um Gehirn, rote Blutkörperchen, Nierenmark etc. zu versorgen. Das ist sozusagen der Grundbedarf unseres Körpers um leistungsstark zu sein.
Kohlenhydrate gibt es in unterschiedlichen „Ausführungen“:

  • Einfachzucker
  • Zweifachzucker
  • Mehrfachzucker
  • Vielfachzucker

Hier unterscheidet sich die Kettenlänge und daher auch wie schnell der Körper diese Energie zur Verfügung hat. Die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel und damit auf die Insulinausschüttung ist ebenso unterschiedlich. Die schnellste Energie gewinnen wir aus den Einfachzuckern:
Glukose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker) und Galaktose (Schleimzucker).
Je mehr dieser Einfachzucker konsumiert wird, desto schneller und steiler steigt der Blutzucker an und Insulin wird ausgeschüttet (um den Blutzucker wird auf „Normalwerte“ zu bringen). Der Blutzucker fällt rascher und durch diesen Prozess folgt oft das Heißhungergefühl. Zum Fettabbau ist das alles andere als nützlich.
Dafür gibt es langkettige Kohlenhydrate… die Vielfachzucker (Amylose, Amylopektin -> Vollkornprodukte) enthalten viele Ballaststoffe und werden sehr langsam verstoffwechselt. Hier steigt der Blutzucker langsamer und konstanter an.
Der Blutzucker ist auch ein Punkt der bei einer Fettreduktion beachtet werden sollte. Kurzkettige Kohlenhydrate (Einfachzucker, Zweifachzucker) sollten hier eher gemieden bzw. reduziert werden, dafür mehr langkettige (Vielfachzucker) eingebaut werden. Diese sättigen aufgrund des Ballaststoffgehaltes länger und haben zudem einen positiven Effekt auf die Darmflora.
Ballaststoffe sind Kohlenhydrate die nicht verdaut werden. Es gibt kaum eine Obst- / Gemüsesorte die keine Kohlenhydrate und demnach Ballaststoffe enthält.
Daher ist es nicht sinnvoll bei einer gesunden Ernährungsweise auf Kohlenhydrate zu verzichten bzw. diese stark einzuschränken.
Laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) sollten 50 – 60 % des täglichen Energiebedarfs durch Kohlenhydrate zugeführt werden, das wären bei einem Gesamtenergiebedarf von 2000 kcal ca. 250 g Kohlenhydrate. Jedoch wird hier die Eiweißzufuhr oft etwas vernachlässigt. Ein durchaus gutes Verhältnis wären 40 – 50 % KH, 30 % Fett (aus ungesättigten Fettsäuren), 20 – 30 % Eiweiß. Wichtig ist hier, das bei einer erhöhten Eiweißzufuhr auch reichlich getrunken wird (min. 2 Liter Wasser täglich!)
Für einen Muskelaufbau benötigt der Körper Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett. Es sollte etwas über dem täglichen Gesamtenergiebedarf gegessen werden. Jedoch sollten auch hier hochwertige Kohlenhydratquellen bevorzugt werden (Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte). Zudem ist hier auch die höhere Eiweißzufuhr wichtig. Laut DGE benötigen wir 0,8 g / kg Körpergewicht.
Sportler und vor allem Bodybuilder benötigen deutlich mehr (1,5 – 2,5 g / kg KG). Das hängt natürlich wieder etwas vom angestrebten Ziel und der Sportintensität ab.
Die Kohlenhydrate geben uns beim Muskelaufbau einerseits die Energie, andererseits hilft uns das ausgeschüttete Insulin (ist ein anaboles Hormon) dabei Muskeln aufzubauen.
Natürlich kommt unser Körper auch mit der Extremsituation einer „No carb“ Ernährung zurecht. Hier ist unser Organismus in der Lage aus Eiweiß (Aminosäuren) und Fetten sogenannte Ketonkörper zu produzieren. Diese übernehmen die Funktion der Kohlenhydrate. Unser Gehirn und unsere roten Blutkörperchen benötigt nun mal Glukose (egal auf welchem Weg diese bereitgestellt wird). Jedoch benötigt unser Körper etwas Zeit, um diese „Ketose“ einzustellen. Diese Phase wird oft begleitet von Müdigkeit, Trägheit, Kopfschmerzen, Gereiztheit… (hält in der Regel 10 – 14 Tage, bis die Ketose eintritt).
Jedoch dürfen hier keinerlei Kohlenhydrate verzehrt werden. Somit wird auf Gemüse, Obst, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte etc. verzichtet. Das sollte niemand ohne ärztliche Aufsicht durchführen und mit gesunder Ernährung hat das nichts zu tun.
Für den Fettabbau kann eine „low carb“ Ernährung durchaus sinnvoll sein. Wobei man immer den Grundbedarf im Auge behalten sollte. Werden die Kohlenhydrate durch hochwertige Quellen (Vollkornprodukte, Kartoffeln, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte) zugeführt und das Energiedefizit eingehalten, steht einem Fettabbau eigentlich nichts mehr im Wege.
Nur muss bedacht werden, dass bei sehr geringer Kohlenhydratzufuhr sich der Körper wehrt und dem ein oder anderen durchaus Signale gibt wenn er mehr möchte (Heißhunger, Konzentrationsschwäche, Leistungsabfall). Für den Fettabbau sind diese Heißhungerattacken fatal. Daher wählt Euer Essen wohl durchdacht aus. Keine Lebensmittel mit raffiniertem Zucker, Weißmehl, Glukosesirup, Fructose, Maissirup, Dextrose etc.
In vielen Fertigprodukten lauern genau diese Kohlenhydrate. Daher kauft frische, natürliche Zutaten und kocht selbst (Rezepte findet ihr unter anderem auf meiner Seite).
Lest Euch die Verpackungsinhalte genau durch, denn oft stecken diese fatalen Kohlenhydrate in Lebensmitteln in denen es am wenigsten vermutet wird (Wurst, Brotaufstrich, Essiggurken, Dressings,…)
Wer sich gesund ernähren und einfach seine Essgewohnheiten umstellen möchte, der sollte auf jedenfall genügend Kohlenhydrate (40 – 50 %) in Form von Kartoffeln, Vollkornnudeln, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte, Kleie, Hafer, Gemüse, Obst, Reis etc. zuführen. Diese enthalten nicht nur die wertvollen Ballaststoffe sondern auch eine Menge an Vitaminen, Antioxidansien, Mineralstoffen und Spurenelementen die unser Körper dringend benötigt. Zudem sind diese meist basisch und leisten somit wertvolles für unseren Säure-Basen-Haushalt, der bei vielen oftmals im Ungleichgewicht ist und tendenziell mehr „übersäuert“ ist. Dazu noch reichlich gesunde Fette und ausreichend Eiweiß und unser Körper bekommt das was er benötigt 🙂

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